„Wer Bürger beteiligt, kann scheitern. Wer Bürger nicht beteiligt, ist schon gescheitert“.
Getreu diesem Motto haben wir seinerzeit, noch als Bürgerinitiative zwei Bürgerbegehren in Groß Wittensee eingereicht.
So war es am 20. März 2023, an dem wir unser zweites Bürgerbegehren, gegen ein „Ferienhausgebiet im Landschaftsschutzgebiet“ im Amt Hüttener Berge mit 152 Unterschriften eingereicht haben. Es war Eile geboten beim Unterschriften sammeln, da zu dem Zeitpunkt bereits bekannt war, dass die schleswig-holsteinische Landesregierung zum 1. April ein Gesetz zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften verabschieden möchte. Im Bezug auf Bürgerbegehren heißt dies, dass bei Beschlüssen der kommunalen Selbstverwaltung die mit Zweidrittelmehrheit gefasst wurden, kein Bürgerbegehren mehr zulässig ist.
Hier in Groß Wittensee werden so gut wie alle Beschlüsse einstimmig gefasst, auf jeden Fall aber mit Zweidrittelmehrheit.
Das heißt für unsere Gemeinde, hier werden zukünftig keine Bürgerbegehren mehr möglich sein.
Ebenfalls am 20. März 2023 hat der Investor einen Antrag auf Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses des B Plan Nr. 18 gestellt, mit der Begründung ihm wäre das Projekt zu kostenintensiv geworden.
Am 24. März 2023 wurde die FaWi Verwaltungs GmbH und am 27. März 2023 die FAWI GmbH & CO KG vom Investor gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist laut creditreform.de der Ankauf von Grundstücksflächen, die Erschließung eines Ferienhausgebiets, die Bebauung mit Ferienhäusern sowie der Verkauf und die Vermietung von Ferienhäusern.
Dem Antrag des Investors auf Aufhebung wurde in der Sitzung der Gemeindevertretung am 30. März 2023 statt gegeben.
Die Begründung lautete: Die Gemeindevertretung vertritt die Ansicht, dass es ohne Vorhabenträger keine Grundlage mehr gibt, um an dem Aufstellungsbeschluss festzuhalten.
Nun könnte man meinen, dass wir als Initiative mit unserem Begehren gewonnen haben und die Gemeinde von dem Plan Abstand nimmt. Dieser Auffassung folgte auch die Kommunalaufsicht, die der Ansicht war, dass mit der Aufhebung des Beschlusses dem Bürgerbegehren gefolgt wurde und erklärte daher das Begehren für unzulässig.
Das wir, inzwischen nach der Kommunalwahl als Gemeindevertreter im Gemeinderat, das anders sehen, und dem Begehren ganz und gar nicht gefolgt wurde, zeigt die aktuelle Entwicklung in der Gemeinde.
Das Bauleitverfahren wurde nach einem Antrag zur Wiederaufnahme des Investors vom 20. September 2023 wieder aufgenommen.
Unsere Ansicht zu solch einem Vorgehen mit Aufhebung und Wiederaufstellung eines Gemeindebeschlusses innerhalb von nur sechs Monaten, ist eher die, dass die Wahlen bevor standen, und danach mit frisch beschlossenem Gesetz kein Bürgerbegehren gegen Bauleitplanungen in Groß Wittensee mehr möglich ist.
(https://www.landtag.ltsh.de/nachrichten/23_03_15_buergerbegehren_innen-und-rechtsausschuss/)
Wir halten dieses Vorgehen für sehr erschreckend. Hier wurden durch „kreative Praktiken“ vom Investor und durch Handeln der Gemeindevertretung, direktdemokratische Bürgerbeteiligung in Form eines eingereichten Bürgerbegehrens, doch noch abgewendet. Das die Kommunalaufsicht eine ebenfalls kreative Auslegung des Sachverhaltes hat, finden wir ebenso befremdlich. Nach unserer Erfahrung zeigt sich, dass in der Gemeinde Groß Wittensee Bürgerbeteiligung grundsätzlich als eher lästig denn bereichernd angesehen wird. So fand in 2023 keine Einwohnerversammlung in der Gemeinde statt, obwohl die Hauptsatzung der Gemeinde es so vorsieht, und wir als Fraktion zweimal darauf hingewiesen haben.
Als vor einem Jahr aus der Bürgerinitiative Groß Wittensee eine Wählergemeinschaft Bündnis.Wittensee. wurde, hatten wir die große Hoffnung direkt unsere Anliegen in der Gemeinde einbringen zu können und damit die Entwicklung mit gestalten zu können. Genauso stehen wir als Wählergemeinschaft seit Beginn für mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz ein. Was als Bürger wohl unmöglich schien, sollte als Gemeindevertreter doch funktionieren. Welch ein Irrglaube. Wir fühlen uns auch „auf der anderen Seite“ nicht Ernst genommen als junge Fraktion im Gemeinderat, die ähnlich wie die Bürgerbeteiligung lästig ist. Auch hier in einem kleinen schleswig-holsteinischen Dorf sind die Lobbyinteressen größer als die Interessen, alle Gemeindevertreter oder Bürger an der Kommunalpolitik zu beteiligen.
Unserer Ansicht hat diese kleine Änderung eines Gesetzes im April 2023 nun weit reichende Folgen für Bürger vieler Gemeinden in S-H.
Eine Hoffnung haben wir noch, da durch die Volksinitiative „Rettet den Bürgerentscheid“ 27.595 Unterschriften an den Landtag übergeben wurden, um das Gesetz rückgängig zu machen. Bis dahin wird es echte Bürgerbeteiligung in Groß Wittensee wohl nicht mehr geben.