ziemlich genau zwei Jahre ist es her, dass wir unser erstes Bürgerbegehren eingereicht haben. Beim ersten Versuch, möglichst alle Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde über eine große Baumaßnahme umfassend zu informieren und eine direkte Beteiligung zu ermöglichen, waren wir praktisch Novizen und mussten dieses Art von direkter Demokratie auch erst einmal kennenlernen. So ließen wir uns vorab blauäuig von der Kommunalaufsicht „beraten“. Ein Fehler, wie sich schnell heraus stellte, da die Beratung so unglücklich verlief, dass das Begehren ganz sicher unzulässig gewesen wäre. Glücklicherweise gab es dann aber schnell Hilfe in Form von weiterer Beratung des Vereins Mehr Demokratie e.V. Der Verein beschäftigt sich schon viele Jahre mit diesem Thema und hilft Bürgern und Initiativen gerne bei der Umsetzung eines Bürgerbegehren. So beabsichtigte die Kommunalaufsicht nach Einreichung des Begehren dieses als „zulässig“ zu erklären. (Schreiben der Kommunalaufsicht) Wir durften uns also verhalten freuen. Darauf folgte noch eine kurze Stellungnahme von uns, was die Anzahl der Unterschriften angeht, da die Kommunalaufsicht der Meinung war, wir müssten 121 Unterschriften für das Quorum sammeln. Tatsächlich mussten es aber nur 99 sein. (Wir berichteten hier darüber) Das Warten ging weiter, und wie wir dann erfuhren lief im Hintergrund bereits die Maschinerie an. Das Amt Hüttener Berge hatte wohl einen „Premiumanwalt“ engagiert, der nun das Haar in der Suppe suchte. Und fand. Die Stellungnahme des Amtes haben wir erst viel später zu Gesicht bekommen, aber man pochte hier auf den exakten Grad der Versiegelungsfläche des Plangebietes. Damit überzeugte man die Kommunalaufsicht und diese änderte ihre Meinung zur Zulässigkeit. Auch ein Widerspruch von uns mit einer guten Begründung ließ die Kommunalaufsicht nicht von ihrer Ansicht abweichen. Das Begehren wurde schlußendlich als unzulässig erklärt. War das ein Scheitern?
Da der Gemeinde aber nicht nur eine Großbaustelle im Dorf reicht, wurde bereits durch die Hintertür gleich das nächste große Bauvorhaben angeleiert. Der vorhabenbezogene B-Plan Nr. 18 für ein Ferienhausgebiet mit 35 Häusern kam in einer Bauausschussitzung abends mal eben flott zur Aufstellung. Im Außenbereich und dazu noch einem bestehendem Landschaftsschutzgebiet. Alles ohne die Bürger im Vorfeld darüber in Kentniss zu setzen oder das diese wussten das es an dem Abend auf die Tagesordnung kommt. Blöder Fehler, es folgte unser zweites Bürgerbegehren. Fragestellung und Begründung gingen uns diesmal schon leichter in die Tastatur und auch diesmal mussten wir uns sputen, denn im Landtag wurde der Beschluss zum „Gesetze zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften“ gefasst. Dieses machte es für Bürger, besonders in kleinen Gemeinden nun deutlich schwerer überhaupt ein Begehren zu starten. Aber auch hier haben wir in kurzer Zeit die nötigen Unterschriften eingesammelt und das Begehren eingereicht. Tja, und dann kam der Antrag des Investors zur Aufhebung des B-Plan. Alles wird zu teuer, er möchte das Bauvorhaben nicht mehr durchführen. Oha, was für ein plötzlicher Wandel. Wer dieser Begründung Glauben geschenkt hat, der glaubt auch dass Zitronenfalter Zitronen falten. So kam es, dass die Kommunalaufsicht sehr schnell mit der Unzulässigkeit um die Ecke kam, da mit der Aufhebung ja angeblich unserem Begehren gefolgt wurde und dem Begehren dadurch die Grundlage entzogen wurde. War dies das abermalige Scheitern von Bürgern?
Joa, einen ganz großen Punkt hat man nach dieser Äußerung in der Behörde und danach im Gemeinderat/Verwaltung jedoch vergessen zu erwähnen.
Den wiederholten Aufstellungsbeschluss am 21.3.2024 hätte es nie geben dürfen und er ist rechtswidrig. Wieso?
Weil nach dem Beschluss zur Aufhebung durch den Gemeinderat eine Sperrfrist von zwei Jahren in Kraft tritt, nachdem kein erneuter Beschluss gefasst werden darf. Tja, und von daher gibt es nun unserer Ansicht nach zwei Möglichkeiten. Man läßt hier in der Gemeinde endlich mal direkte Bürgerbeteiligung zu, oder wir stehen bereits in den Startlöchern für die abermalige Sammlung unserer rechtswidrig einkassierten Unterschriften vom letzten Jahr. Denn offiziell hätte der Gemeinderat erst im kommenden Jahr, also ab dem 30.3.2025 wieder die Möglichkeit gehabt das Bauvorhaben erneut zu starten.
Für uns ist dies das echte Scheitern und weit mehr als ein „Formfehler“, wenn die Behörden hinsichtlich ihrer Aufgaben und Pflichten versagen. Eine Amtsverwaltung und auch eine Kommunalaufsicht sollten es doch fachlich wissen, was hier erlaubt ist oder nicht. Bürgern wird jedoch permanent vorgeworfen, Formfehler begangen zu haben, wenn wieder einmal die beabsichtigte Unzulässigkeit der Kommunalaufsicht ins Haus flattert. Eine schöne Doppelmoral ist das.
Wir sind gespannt auf die Antwort nach unserer Stellungnahme. Geholfen hat uns in diesem Fall ein durch Zufall entdecktes Video zum gleichen Thema. So sollte in Bad Bramstedt auf identische Weise ein Bürgerbegehren einfach vom Tisch gefegt werden. Dort wurde dann Klage gegen die Unzulässigkeit eingereicht, mit Erfolg vor dem Verwaltungsgericht Schleswig. (AZ- 6 A 273/22)
Die Anwaltskosten der Stadt Bad Bramstedt, um sich unliebsame Bürgerbeteiligung vom Hals zu halten haben es sogar ins aktuelle Schwarzbuch der Steuerzahler geschafft. Bummelige 63.000€ soll der Spaß gekostet haben. Einen Bürgerentscheid durchzuführen ist da um etliches günstiger und hat auf jeden Fall zufriedenere Bürger zur Folge. 🙂