Der städtebauliche Vertrag ist ein Mittel der Zusammenarbeit der öffentlichen Hand mit privaten Investoren im Rahmen von städtebaulichen Projekten. Er wird meist im Zusammenhang mit einem Bebauungsplanverfahren geschlossen.
Städtebauliche Verträge sind im Baugesetzbuch in § 11 BauGB geregelt und stellen eine Sonderform der öffentlich-rechtlichen Verträge dar. Sie müssen dem Angemessenheitsgebot (Verhältnismäßigkeitsprinzip) entsprechen, dürfen dem Koppelungsverbot nicht widersprechen und bedürfen der Schriftform.
Der städtebauliche Vertrag kann zu verschiedenen Zwecken geschlossen werden. Dazu gehört, dass sich der Investor verpflichtet, städtebauliche Aufgaben zu übernehmen, aber auch „die Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele“ (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 BauGB) und die Übernahme von Kosten „die der Gemeinde für städtebauliche Maßnahmen entstehen oder entstanden sind und die Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind“ (§ 11 Abs. 1 Nr. 3 BauGB). Solche Kosten sind etwa Erschließungskosten und die Bereitstellung von öffentlicher Infrastruktur (etwa Kindergärten und Nahversorgung). Dabei können nur solche Aufgaben in den Vertrag aufgenommen werden, die mit dem Bauprojekt in Zusammenhang stehen.
Aufgrund des besonderen öffentlichen Interesses von Bebauungsplänen hat das Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (Az.: 2 A 8.11 vom 22.9.2015) geurteilt dass auch städtebauliche Verträge im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung veröffentlich gehören; „Alles, was Gegenstand der Abwägungsentscheidung durch die Gemeinde ist, muss dieser Rechtssprechung zufolge auch Gegenstand der Öffentlichkeitsbeteiligung sein“.
In der Begründung zum Bebauungsplan Nr. 17 für den Bereich „nördlich der Straße Lehmberg, östlich des Kirchhorster Weges und westlich der Mühlenstraße“ steht unter Top 6. Kosten:
„Die Planung erfolgt im Rahmen einer Angebotsplanung durch die Gemeinde Groß Wittensee. Der Gemeinde entstehen durch das Planaufstellungsverfahren allenfalls anteilige Kosten (für den Bereich des künftigen Schulgrundstücks). Es wird eine Kostenübernahmeerklärung mit dem Investor der geplanten Wohnbebauung, der Firma Paasch Rohrleitungsbau GmbH &
o. KG, abgeschlossen. Die Firma Paasch Rohrleitungsbau tritt somit als Erschließungsträger auf. Ein Erschließungsvertrag oder Städtebaulicher Vertrag ist zwischen Erschließungsträger und Gemeinde abzuschließen. Nach Bau der öffentlichen Erschließungsanlagen werden diese nach entsprechender Abnahme von der Gemeinde übernommen.“
„Planer Struckmeier betonte im Vorwege: „Es gibt nur wenige B-Pläne, die auf solchen Grundfesten stehen wie der B-Plan Nr. 17. Für eine Gemeinde ist das absolut vorbildlich.“ Es gebe keine Ziele, die aus Sicht der Landesplanung der Raumordnung entgegenstünden. Ein Monitoring durch Gemeinde und Amt soll die Umsetzung der vorgegebenen Ziele und Festsetzungen kontrollieren. Das hält der Städtebauliche Vertrag fest. Während der Bauphase soll der Baustellenverkehr über eine Baustraße zur B203 erfolgen. Ein anderer Weg ist nicht erlaubt, um die Anlieger zu entlasten. Dieses wird in einem städtebaulichen Vertrag fest verankert. In diesem Vertrag wird auch festgesetzt, dass in dem Neubaugebiet weder Zweit- noch Ferienwohnungen entstehen dürfen. „
EZ vom 14.2.2023
Warum dieser Vertrag nun nicht im Sinne der Transparenz für alle Bürger öffentlich zur Verfügung gestellt wird, erschließt sich uns nicht und hinterlässt einen faden Beigeschmack. Auch nach mehrmaligem Nachfragen verweigert man Seitens der Gemeinde und des Amtes Hüttener Berge eine Kopie, obwohl der Vertrag zum Beschluss des B-Planes im Februar bereits vor lag. (Niederschrift Gemeindesitzung vom 13.2.2023). Merkwürdigerweise wurde uns im März ein Schreiben des Amtes Hüttener Berge geschickt, welches genau das Gegenteil beschreibt, nämlich dass der Vertrag noch nicht vorliegen würde.
Man beruft sich nun auf den §10 des IZG S-H, dem Schutz privater Belange. Unser Ansicht nach ist ein Vertrag einer Gemeinde mit einer Erschließungsfirma von so hohem öffentlichen Belang, dass er allen Bürgern zur Ansicht zur Verfügung gestellt werden sollte. Der Schutz personenenbezogener Daten im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679 greift nur für natürliche Personen weswegen er hier nicht angewandt werden kann. Ansonsten sehen wir uns leider darin bestätigt, was sich bereits in der frühen Bauleitplanung abzeichnete.
Die Interessen eines einzelnen Investors werden über das Gemeinwohl gestellt.
Wer Großes für die Gemeinde plant und mit Synergieeffekten wirbt, der darf dieses dann bitte auch durch den städtebaulichen Vertrag transparent nachvollziehbar machen. Verträge von Unternehmen mit öffentlichen Stellen sind nicht per se als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu betrachten und sollten daher unbedingt einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Städtebauliche Verträge gehören in die Öffentlichkeit.
Wie so ein Vertrag aussehen könnte, kann man an folgendem Beispiel in der Gemeinde Sehestedt sehen. Auch wenn es sich hier um einen Entwurf handelt, ist dem Vertrag zu entnehmen zu welchen Maßnahmen sich der Investor verpflichtet. Durchführungsvertrag Bebauungsplan Nr. 7 Gemeinde Sehestedt.